Donnerstag, 10. November 2011

Nun gehts aber los

Da ich mich nicht in der Lage sehe, in 140Zeichen Twitterbotschaften meine Position hinreichend zu erläutern, ist dieser Text entstanden. Über Kommentare und Diskussion freue ich mich!
Danke für Euer Interesse : )

Die moderne Frau - beruflich unabhängig - kinderlos?
Bis ich 28 Jahre alt war, war Familienplanung eine Horrorvorstellung für mich, die Muttersein mit Abhängigkeit und Reduzierung auf ein Leben ohne ein Leben als freie Frau verband. Infolgedessen hatte ich mich als 'Kinderhasserin' inszeniert, vor meinen Chefs und Kollegen, innerhalb meines Freundeskreises. Ich hatte stets die lustigsten Kinderwitze auf Lager. Niemand wäre je auf den Gedanken gekommen, dass ich mal Mutter werden würde. Auch ich nicht. Bis ich 28 wurde.

Als ich meinem Lebensgefährten mitteilte, dass ich mir mittlerweile schon, also unter Umständen, irgendwann mal, vorstellen könnte, dass ich mal schwanger werden könnte, also natürlich nicht jetzt, vielleicht mal in zwei drei Jahren, schaute er mich an, als ob grüne Schneeflocken vom Himmel fielen.
Wir redeten darüber und ich stellte ihm meine Vorstellungen dar: Dass wir uns gemeinsam um das Kind kümmern, und dass ich in der Zeit, in der ich zu Hause bleiben müsste, solange das Kind noch zu klein ist, um es in andere Hände zur Betreuung zu geben, dafür einen Ausgleich von ihm haben möchte, wenn er weiter wie bisher arbeitet und Geld verdient. Damit ich mich nicht für geringe Ausgaben wie Telefongespräche oder anderes Persönliches rechtfertige müsse.

Am nächsten Tag äußerte er einen Zweifel an seiner Liebe. Er wusste es einfach nicht mehr so genau, ob er mich liebte. Drei Tage später übernahm ich die Wohnung einer Freundin und zog aus. Nach mehr als zehn Jahren war die Beziehung beendet.
Er brauchte etwa ein halbes Jahr, um sich an den Gedanken, dass er auch Kinder haben möchte zu gewöhnen und mich wiederhaben wollte. Allerdings forderte er absolute Unabhängigkeit, d.h. ich müsste für meinen kompletten Lebensunterhalt selbst aufkommen. Das ist modern, so macht man das heutzutage. Dafür gibt es Krippen, in die man seine Kinder bringen kann, damit sich die Frau der modernen Verantwortung des Geldverdienens stellen kann.

Tatsächlich hatte ich das Selbstbewusstsein, zu glauben, dass ich natürlich wie bisher meine 100.000 jährlich reinbringe. Talentiert und fleißig wie ich bin, hegte ich keinen Zweifel daran, dass das alles schon wird. Ein guter Freund von mir sagte mal, dass er glaubte, das Einzige was sich ändern würde, wenn er Kinder hätte, wäre, dass sie fortan drei Plätze im Kino nehmen müssten.

Und so kam die Ernüchterung doch ziemlich schnell. In der Schwangerschaft nahm ich 29 Kilo zu, weil mein zarter Körper sich alles nahm, was er bekam. Ich konnte in den letzten Monaten nicht mehr wirklich Gehen und selbst Stehen fiel mir zum Schluss schwer. Aber natürlich bin ich bis zur Mutterschutzfrist zur Arbeit gegangen.

Die moderne Frau - mit Kind - beruflich unabhängig? 
Als ich dann fünf Tage nach der Geburt nach Hause kam, durfte ich wegen fast geplatzter Nähte nicht aufstehen, ich war zwei Wochen ans Bett gefesselt. Meine Mutter kam, zum großen Glück, und übernahm die Pflege von mir und dem Säugling. Der Vater hatte auswärts zu tun, neben seiner Firma hatte er gerade noch ein Abendstudium begonnen und konnte nur abends, ab 22.00 Uhr, anwesend sein. Ich fühlte mich an meine Kindheit erinnert, modern kam mir das alles nicht vor.

Zwei Wochen nach der Geburt, ich durfte endlich aufstehen, hatte ich meinen ersten geschäftlichen Termin. Zum Glück hatte ich jemand gefunden, der in der Zeit mein Kind im Kinderwagen herum schob. Nachdem ich aber erstaunlicherweise nicht sofort an meine beruflichen Erfolge anknüpfen konnte, und meine Ersparnisse nach fünf Monaten für Miete, Kostgeld, Telefon, Versicherungen etc aufgebraucht waren, drang ich auf eine Umverteilung der Verantwortung innerhalb der Familie.

Aber der Vater bezog sich auf unsere Abmachung, Geld wollte er eigentlich nicht zahlen. Es sollte ja auch ein Anreiz bleiben, mich wieder in die Arbeitswelt zu integrieren. Das fiel mir jedoch schwer, da mein Kind mich die ersten drei Monate täglich mit Schreierei, bis zu 3 Stunden am Stück, auf Trab hielt, und nächtlich 3-4 Mal weckte. Auch die wertvolle Literatur 'Jedes Kind kann schlafen lernen' hat mir nicht viel weiter geholfen. Und so wie eine Mitmutter es mir vormachte, 'nämlich einfach schreien lassen, irgendwann ist es still', wollte ich es dann doch nicht nachmachen.

Ich steckte in einem Dilemma. Die Gesellschaft forderte von mir, mich beruflich einzusetzen, aber meine ehemalige Kinderhasserei, mit allen Vorurteilen über Bedürfnisse von Kindern, hatte sich gewandelt. Mein Kind hatte eine fast 5 mm dicke Schorfschicht auf dem Kopf, Haare konnten da gar nicht wachsen, extreme Nahrungsmittelunverträglichkeit und eine Form von Hyperaktivität. Es konnte nicht ein paar Minuten alleine sein, ohne dicke Tränen zu weinen. Ich hätte es schreien lassen können, natürlich, aber da bin ich lieber meinem Gefühl gefolgt. Also trug ich es 15 Monate an mir. Immer, ständig. Glücklicherweise hatte ich in der Schwangerschaft das Buch Auf der Suche nach dem verlorenen Glück: gegen die Zerstörung unserer Glücksfähigkeit in der frühen Kindheit (Originaltitel: The Continuum Concept) von Jean Liedloff gelesen. Und ich wagte, meinen Gefühlen zu folgen.

In meinem Umfeld waren alle dagegen, dass ich mein Kind nicht schon früh in die Betreuung gebe. Meine Eltern hatten Sorge, dass ich den Wiedereinstieg nicht finde, der Vater meines Kindes machte sich Sorgen um die finanzielle Seite und Kollegen konnten es einfach nicht verstehen, weil sie es doch auch gemacht hatten, alle machten es so, so musste es doch richtig sein.

Aber ich verweigerte mich, nahm mir ein junges Mädchen zur Hilfe, die etwa 2-3 Mal in der Woche drei Stunden auf mein Kind aufpasste, wenn ich arbeiten wollte. Sie schob es nach dem Stillen im Park herum und kam pünktlich zum nächsten Stillen wieder. Meist schoss mir die Milch schon ein, wenn sie etwa 50 m vom Haus entfernt war, obwohl ich es gar nicht wissen konnte. Auf diese Weise vermied ich, dass mein Kind weinte, wenn es von mir wegging. Es war eine tolle Art der Lösung, für uns beide, und gerade ausreichend. Früher hatte man das so, damals, als es noch Familienverbände gab.

Ich bin jeden Tag mit dem Kind mehrere Stunden spazieren gewesen, mein neuer Bekanntenkreis bestand aus Müttern und Vätern, wir trafen uns täglich am Spielplatz, besuchten uns gegenseitig wegen der Kinder. Gleichzeitig nahm ich an Krabbelrunden, Kinderturnen, Kinderschwimmen und allem teil, was sich für Kleinkinder bot. Und es war toll: sobald ich mein Kind absetzte, krabbelte es auf die anderen Kinder zu und spielte. Solange ich in der Nähe blieb, war alles in Ordnung. Ich hatte viel Gesprächsstoff mit den anderen Eltern, und wir gaben uns gegenseitig gute Tipps.

Als ich einmal auf einer Bank am Spielplatz ein Gespräch führte über den Stuhlgang der Kinder, wusste ich, ich war angekommen in den üblen Witzen meiner Vergangenheit. Wider Erwarten war es aber interessant, und die Antworten, die ich auf mein Problem erhielt, haben mir geholfen. Heute weiß ich es besser: auch Gespräche über Kinderkacke sind wichtig und die Leute die sie führen, sind nicht beschränkt oder doof.

In den folgenden Monaten änderte sich mein Leben und meine Einstellung sehr. Ich fing an, mich um Ernährung zu kümmern, kaufte bereits in der Schwangerschaft schon Bio-Lebensmittel auf dem Markt, achtete auf frische Zubereitung. Mit der Lebensmittelunverträglichkeit meines Kindes, keine Milchartikel, kein Hühnerei, war es mir unmöglich geworden, im Supermarkt einzukaufen. Das erste Mal in meinem Leben achtete ich auf die Inhaltsstoffe. Ich hatte spontan selbst das Interesse verloren, all die Dinge zu essen, die ich bis dahin gern konsumiert hatte. Zum Glück machte damals genau zum passenden Zeitpunkt ein Bioladen in meiner Nähe auf. Ich fing an zu kochen. Das hatte ich, als moderne Frau, immer vehement abgelehnt. Und: es machte Spaß und schmeckte viel besser als Restaurantessen und Fertigkrams.

Mit 15 Monaten gab ich mein Kind in einen Kinderladen. Privat organisiert mit Elterninitiative, für 280 DM im Monat, plus Putzdienste und Essen kochen. Mein Kind durfte das normale Essen leider nicht essen, aber die Elternschaft hat sich bereit erklärt, das zu berücksichtigen. Mir war es angenehm, dass mein Kind regelmäßig in Gesellschaft anderer Kinder kam, allerdings waren mir die Zeiten zu lang. Deshalb holte ich es immer nach dem Mittagessen ab, damit ich es zu Hause zum höchst nötigen Mittagsschlaf bringen konnte. Diese 45 Minuten hören sich vielleicht vernachlässigbar an und man würde meinen, das Kind würde dann einfach eher ins Bett gehen, wenn es den Schlaf mittags nicht bekommt, aber Tatsache war, dass der Rest des Tages umso anstrengender wurde, wenn das Kind unausgeschlafen und überdreht war.
Hier musste ich mich der Kritik der Erzieher stellen, die wollten, dass alle Kinder das Gleiche machen. Auch die Tatsache, dass ich mein Kind erst nach dem Frühstück brachte, weil ich die Unruhe dort einfach unerträglich fand, führte zu Kritik des Erzieherteams. Da ich spürte, dass mein Kind die Ruhe nötiger hatte als die Gleichschalterei in der Gruppe, setzte ich mich trotz des Gefühls des Andersseins durch. Heute weiß ich, dass es die richtige Entscheidung war.

Bevor ich Mutter wurde, war ich ein großer Fan von ständig laufender, gern auch lauter Musik. Das hörte abrupt auf, nachdem das Kind da war. Da ich bei dem Kind massive Unruhe wahrnehmen konnte, wenn eine Beschallung stattfand, verzichtete ich auf die Geräuschkulisse. Wahrscheinlich hätte die Empfindlichkeit des Kindes auch aufgehört, so wie bei vielen Kindern zu beobachten, wenn sie einfach dran gewöhnt werden. Ob das gut ist, wage ich hier laut zu bezweifeln. Die ständige Reizüberflutung durch Menschenmengen in Kinderhorts, durch ständig laufende DVD-Player, Radios und Fernseher in den Familien, trägt meiner Ansicht dazu bei, die Konzentration der Kinder zu stören. Mittlerweile weiß ich, dass ich nicht alleine bin mit dieser Meinung, denn es gibt heutzutage genug Studien, die das belegen, und in den Schulen in denen ich heute Kinder unterrichte, ist dies mehr als offensichtlich.

Als die Grundschullehrerin mich Anfang der zweiten Klasse aufforderte, mein Kind mal beim Jugendamt vorzustellen und auf Begabung testen zu lassen, war ich nicht sehr interessiert. Ich wusste um die Begabung meines Kindes, wozu also testen? Ich bin ihrem Rat dennoch gefolgt, und die Ergebnisse der Tests waren eindeutig.  Interessant war der Rat der Beraterin, nämlich mein Kind unbedingt in den Schulhort anzumelden. Es müsse unter Kinder, müsse lernen, sich durchzusetzen, Ellenbogen zu entwickeln, soziale Kompetenzen zu erwerben. Ich war bereit, das zu glauben, und war auch schon im Hort, um mein Kind dort anzumelden. Allerdings hegte ich, wie auch schon früher, Zweifel darüber, ob es wirklich sinnvoll ist. Als ich die Grundschullehrerin um ein Gespräch bat, riet sie dringend davon ab: das Kind bräuchte Ruhephasen, und Ellebogenkompetenz sei das Unnützlichste, was man Kindern heutzutage abfordere. Und so war es ja auch. In den Hort ist er nicht gegangen. Stattdessen habe ich dafür gesorgt, dass er mindestens dreimal die Woche mit Freunden verabredet war, zum Spielen. Frühförderung hat er durch die Schule erfahren, Schach, Knobeln für Pfiffige, Chinesisch, alles in spielerischem Rahmen in AGen nach dem Unterricht. Zu Hause habe ich Bücher bereitgestellt, Massen an Büchern, anfangs habe ich viel vorgelesen.

Wenn mein Kind aus der Schule kam, war ich zu Hause. Nachmittags stand ich zur Verfügung, es hier und dorthin zu bringen, oder seine Freunde zu bewirten. Kinder, die zu Hause nicht essen wollten, liebten meine Gerichte, mein selbstgebackenes Brot war beliebter als Kuchen. Ist es heute noch.

Die moderne Frau - mit Kind - beruflich abhängig?
Mit zweieinhalb Jahren musste ich die Betreuungszeiten verlängern. Ich machte eine Fortbildung und war acht Stunden am Tag außer Haus. Nach dem Kinderladen holte eine Freundin das Kind dreimal die Woche nach dem Mittagessen ab. Mittagsschlaf in der Kita war durch den Unruhepegel nicht möglich. Die Freundin konnte ab dem Zeitpunkt nur noch Ruhephasen durchsetzen, schlafen konnte das Kind nicht mehr. Umso anstrengender waren die Nachmittage oft. Ab diesem Zeitpunkt, als das Kind 'wegmusste', gab es regelmäßig Tränen bei der Verabschiedung. Keine schöne Sache finde ich, aber es ging nicht anders. Ein übriggebliebener Restarbeitslosigkeitszeitanspruch aus früheren Jahren ermöglichte mir eine Weiterbildung, mit festem monatlichen Ausgleich, ich musste es wollen. Ablehnung wäre nun wirklich dumm gewesen.
Nach der Weiterbildung wurde ich direkt von der größten Internetagentur in der Stadt angeworben. Ich sollte die Abteilung Online Advertising aufbauen und leiten. Ich stimmte zu und verhandelte eine 30-Stunden-Stelle, die ich erfolgreiche führte, bis eines Tages junge Kollegen, Frauen übrigens, anfingen mich zu mobben. Sie waren der Ansicht, ich sei zu wenig anwesend. Glücklicherweise entschieden sie, die Firma zu verlassen, und ich gab dennoch dem psychischen Druck nach, und erhöhte auf 35 Stunden.

Ab sofort war ich 45 Stunden in der Woche, wobei ich die Fahrtzeiten mitrechne, außer Haus. Fremdbetreuung war mehr als nötig. Glücklicherweise konnte ich mein Kind mit drei Jahren in einen Waldorfkindergarten bringen. Die Kulturpflege der Ruhe und Kreativität tat dem Kind äußerst gut. Auch bekam ich einen Platz in der Nachmittagsgruppe, die bis halb vier betreute. Danach sprang eine Freundin als Kinderfrau ein. Für mich persönlich war das eine gute Zeit, doch stellte ich fest, dass sie gleichermaßen zermürbend war. Denn nach der Arbeit stand ich immer unter Druck, konnte die Dinge nicht so regeln, wie ich es gewollt hätte. Zu der Zeit gab ich etwa 600 DM für Kinderbetreuung aus.
Und dann stieg ich aus. Aus dem System. Ich hatte Glück. Eine Abfindung und mein ehemals hohes Gehalt ließen mich das gut überstehen. Aber schon da dachte ich, wie nur sollte das eine Bäckereifachverkäuferin oder eine Altenpflegerin schaffen? Unmöglich. Die sind gezwungen, im Rad weiterzulaufen. Fremdgesteuert durch den Anspruch der Konsumgesellschaft. Die Eltern und Kinder kommen dabei zu kurz.

Als ich mein Kind mal fragte, wie es die Zeit im Kinderladen, die Zeit vor dem Waldorfkindergarten, in Erinnerung hätte, also welches Gefühl oder welches Bild auftaucht, das sagte es "Allein. Blau." Auf meine Nachfrage konkretisierte es: "Ich stehe allein mitten im Raum. Und es ist kalt." Und im Kindergarten? "Im Kindergarten ist es schön, gemütlich fühlt sich das an."

Als mein Kind 12 war, hieß es, jetzt solle ich mir wieder einen festen Job suchen, es sei groß genug und könne auch allein zu Hause sein. Das bezweifle ich nicht. Ich bezweifle allerdings, dass es hilfreich gewesen wäre. Was machen Kinder, die alleine sind? Die, die mir auf diese Weise zugeraten haben, lassen ihre Kinder stundenlang an den Computer oder TV. Wenn sie es nicht erlauben, machen die Kinder es heimlich. Ich bezweifle den gehirnphysiologischen Entwicklungsnutzen solchen Verhaltens. Also habe ich mich weiter als Freie Mitarbeiterin durchgeschlagen. Meine monatlichen Kosten habe ich so runtergeschraubt, wie ich es mir nie hätte träumen lassen. Es gab Unsicherheiten und Engpässe. Auf Hartz4 habe ich stets verzichtet. Es ging immer irgendwie so. Zum Glück habe ich auch meine Eltern, die mir in schwierigen Zeiten ausgeholfen haben.

Moderne Eltern - beruflich unabhängig! 
In dieser Zeit entwickelte ich die Idee vom Beruf 'Hausfrau und Mutter'. 2002 ließ ich mir eine Visitenkarte mit diesem Jobtitel drucken. Mittlerweile sehe ich ein, dass es natürlich nicht nur Frauen sind, die in solcher Weise unterstützt werden sollten. Ein Mann kann diese Rolle ebensogut ausfüllen. Sollte er auch dürfen.

Ich glaube, es ist wichtig, auch über den derzeitigen Horizont hinaus zu denken. Packen wir's an:
Positionspapier Q103: "Genderneutrale Gleichbehandlung des Berufs Hausmann und Vater/Pflegender - Hausfrau und Mutter/Pflegende mit anderen Berufen im Folgenden ‚Assistent/in für Kinderbetreuung bzw. Pflege von Hilfsbedürftigen’ genannt"

Dazu habe ich eine Kurzform eingereicht zum Bundesparteitag in Offenbach: "Genderneutrale Gleichstellung der Tätigkeit 'Hausfrau und Mutter / Hausmann und Vater' mit anderen Berufen"

Um eins klarzustellen: Ich spreche mich für eine Vielfalt an Unterbringungsmöglichkeiten aus und auch deren Verbesserung zu heutigen Standards. Krippen, Tagesmütter und -väter, Horts, Kindergärten (hier bin ich ein großer Fan der Waldorfkindergärten, weil sie im besonderen Maße Kreativität und Natürlichkeit fördern), auch Schulhorts.
Ich wünsche mir die Erweiterung des Spektrums um den Beruf 'Hausfrau und Mutter / Hausmann und Vater', weil ich weiß, dass es viele Eltern gibt, die spüren, dass die Fremdbetreuung gegen ihre Natur geht, gegen die Natur ihrer Kinder, gegen unsere Gesellschaft. Weil Fremdbetreuung im frühen Alter oftmals die Frühentwicklung von Bindung und Vertrauen bricht. Auch das beweisen wissenschaftliche Studien mittlerweile hinreichend.

Wenn ich mir unsere Kinder anschaue, den großen Teil Einzelkinder die weder Geschwister noch die Möglichkeit haben, sich an ihre Mutter oder Vater, Oma oder Opa etc zu binden, weil sie nicht da sind, weil sie Geld verdienen müssen, dann stelle ich hier die Systemfrage. Wo wollen wir hin?

Und warum wollen bestimmte Gruppen verhindern, dass die Möglichkeit geschaffen wird, in diesem modernen System Eltern zu ermöglichen eine Form auszufüllen, die für viele Kinder ein guter Weg ist. Sicher nicht für alle. So wie auch der Weg der Krippe für kleine Kinder nicht richtig ist für alle. Liegekrippen halte ich für eine Form der gesellschaftlichen Notwehr, fragen wir doch mal die Mütter, was sie lieber hätten als ihr Kind 10 Stunden dort abzugeben, weil ihnen der Job das abverlangt und sie ohne Job keine Einkünfte hätten. Es sei denn sie akzeptieren den gesellschaftlichen Sozialabstieg in Hartz4.

Ich wünsche mir Offenheit, Aufgeschlossenheit neuen Ideen gegenüber, und dass die Kritiker aufhören, mit dogmatischer Ablehnung alles herunterzustampfen, was sie als konservativ abstempeln.
Aufgeklärte, engagierte Menschen im Beruf 'Hausfrau und Mutter / Hausmann und Vater' sind eine sehr progressive Form der Erziehung. Es kommt doch auf die inhaltliche Füllung des Berufs an. Totschlagargumente wie " Könnte es sein, dass Du aus überbordendem Beschützerinstinkt Freiheit d. Kindes mit dem Bade ausschüttest? Elternegoismus" halte ich für unangemessen und unreflektiert genug, um ihnen zu widersprechen.

Natürlich kann ich solchen Einwänden wie
"Bindungsfähigkeit entsteht mit positiver sozialer Interaktion-wichtig dass die unter Kindern-nicht nur Erwachsenen stattfindet"
"du benutzt: femdbetreut, weggeben müssen, ich: förderung, spaß, spiel,gleichalte, musik und professionelle liebevolle begleitung."
"Die unter 3 Jährigen lieben Ihre Kita, haben Freunde, Aktion, Musik und Spiel- warum muss das schlechter als Familie 24h sein? ..."
freundlich entgegnen, dass ich hier nicht die Abschaffung von Kitas fordere, sondern die Entwicklung eines neuen Berufsbildes, um Eltern wieder die Möglichkeit zu geben, sich mehr in die Erziehung ihrer Kinder einzubringen. Denn das größte Argument dagegen, Geld verdienen zu müssen, fällt dann endlich weg. Auch für Menschen, die weniger geeignete Berufe ausüben, um das Überleben in der Konsumgesellschaft allein zu schaffen. Bis wir das Bedingungslose Grundeinkommen haben, mit dem dies dann auch kein Thema mehr sein muss, gehen sicher noch mehr Jahre ins Land, als uns lieb ist.

"Es geht um Qualität i.d. Betreuung- warum sollte ein prof.liebevolles Angebot grundsätzlich schlechter als Betr.in der Familie sein?" Hier stimme ich zu, natürlich ist gerade professionelle liebevolle Betreuung sehr wichtig. In einer Kita mit 120 Kindern und einem Schlüssel von 12:1 ist das aber leider nicht gegeben. Warum nur sollte Betreuung in der Familie schlechter sein? Vor allem mit den von mir formulierten geförderten Programmen. 
Engagierte Eltern auszubilden, zu begleiten und zu unterstützen ist der nächste Weg. Betreuungsgeld ist ein hilfloser Ansatz in diesem Thema, und leider noch nicht weit genug gedacht. Es geht darum, die nötige Qualität für die Kinder zu Hause zu sichern. Da gibt es viele Ansätze, die man über die Ausbildung vermitteln und durchsetzen kann. Das bedeutet dann Bildung der Eltern, die es somit besser machen können.

Ein Krippenplatz kostet ca. 600 Euro monatlich, nichtmal impliziert, dass es ein 'guter, liebevoller' Krippenplatz ist. Es gelingt der Regierung derzeit nicht, diese aufzubauen. Mit 600 Euro wäre ich damals deutlich sorgenfreier durchs Leben gegangen. Das wäre auch dem Kind zugute gekommen.


















Donnerstag, 3. November 2011

Positionspapier Q103 Geschlechter- und Familienpolitik

Initiative i1465: Genderneutrale Gleichbehandlung des Berufs Hausmann und Vater/Pflegender - Hausfrau und Mutter/Pflegende mit anderen Berufen
 Ja: 51 (88%) · Enthaltung: 25 · Nein: 7 (12%) · Angenommen
Letzter Entwurf vom 17.02.2012 um 15:24:49 Uhr · Zeige alle Versionen (12)
Diese Bemerkungen zur Weiterentwicklung der Liquid Feedback Initiative gehören nicht zum Text des Positionspapiers:
08.02.2012: In Punkt 7 ist Anregung "Keine externen/staatlichen Standards in der häuslichen Erziehung" #1705 nun umgesetzt worden. Vielen Dank für den tollen Input!
14.02.2012: Nach zwei weiteren Anregungen per email und Direktansprache freue ich mich, den Text nochmal zu verbessern.
17.02.2012: Megarosa Dank an @megarosaelephant für den Hinweis auf den juristisch passenden Titel 'Erziehungsberechtigte' statt 'Eltern'.
Auch wurde eine weitere wichtige Ergänzung vorgenommen: »... wenn eine abgeschlossene Ausbildung vorliegt - oder zeitgleich mit der Betreuung absolviert wird - ... So kann der Beruf von - jeder Person - erlernt und ausgeübt werden.«
Wir freuen uns weiterhin über jede konstruktive Anregung : )
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Positionspapier und Grundlage für künftige Wahlprogramme:

Leitlinien zur Geschlechter- und Familienpolitik der PIRATEN

Gleichbehandlung des Berufs "Im Haushalt versorgende Erziehungsberechtigte/Pflegende" mit anderen Berufen, im Folgenden 'Assistent/in für Kinderbetreuung bzw. Pflege von Hilfsbedürftigen' genannt


Präambel

Die Piratenpartei Deutschland bekennt sich zur geschlechtsneutralen Gleichbehandlung sämtlicher Gender-Gruppen, zur persönlichkeits- und bedürfnisbezogenen Schul- und Ausbildung, die das Individuum in den Vordergrund stellt. Ein Grundanliegen der PIRATEN ist das Recht auf eine sichere Existenz und gesellschaftliche Teilhabe.
Die PIRATEN wollen ein neues Selbstverständnis der Geschlechterrollen, hin zu gesellschaftlicher Gleichwertigkeit der Angehörigen aller Teilgruppen fördern. Dies lässt sich auf schulischer und beruflicher Ebene wie auch in der familienpolitischen Entwicklung und Gestaltung der Gesellschaft abbilden.
Die Grundlage für unsere heutige Gesellschaft ist der solidarische Gedanke, der sich im Generationenvertrag widerspiegelt. Dieser Generationenvertrag verschiebt sich zu Lasten der jüngeren Generation. Insgesamt stehen wir vor der Aufgabe einerseits trotz des demographischen Wandels die Sicherstellung der Pflege Hilfsbedürftiger sicherzustellen und andererseits jeder Generation die gesellschaftliche und kulturelle Teilhabe zu ermöglichen. Dabei kommt der Generationenversorgung im häuslichen Bereich eine besondere Bedeutung zu.

1 geschlechterneutrale Gleichbehandlung

Die Anerkennung der Geschlechterneutralität bei Tätigkeiten im häuslichen Umfeld zur bedarfsgerechten Begleitung von Hilfsbedürftigen wie Säuglinge, Kleinkinder, Menschen mit körperlicher, geistiger und/oder kognitiver Behinderung sowie Pflegebedürftige oder Sterbende hängt zusammen mit dem Verständnis, dass diese Tätigkeiten gleichermaßen gut von Personen jeglichen Geschlechts übernommen werden können und sollen.
Dieses Verständnis auf gesellschaftlicher Ebene zu festigen, mündet in der Anerkennung der Gleichwertigkeit aller Geschlechter in Berufen, in diesem Zusammenhang seien vor allem Pflege und Kinderversorgung in Krippen, Kindergärten, Kitas, Schulen u.ä. sowie in der Altenpflege genannt. Zu der geforderten Gleichwertigkeit und Gleichachtung gehört auch die gleiche Anerkennung, wenn diese Tätigkeiten innerhalb der Familien, bzw. innerhalb eines Haushalts ausgeübt werden.

2 Gleichbehandlung aller häuslich begleitenden Tätigkeiten

Eine Gesellschaft, die die Gleichberechtigung aller Menschen ermöglichen will, braucht für ihre Menschen nicht nur eine geschlechtsunabhängige Gleichberechtigung im Beruf sondern ebenso die Gleichbehandlung der Berufe innerhalb und außerhalb des Beschäftigungsbereiches Familie.
Daraus erschließt sich der Ansatz, Ausbildungsberuf und Familientätigkeit als gleichwertig anzuerkennen und die häusliche Begleitung von Hilfsbedürftigen innerhalb der eigenen vier Wände auf dem Arbeitsmarkt als Beruf zu positionieren.
Derzeit schließt die allgemein von der Gesellschaft anerkannte Definition der Bezeichnung "Beruf" im Haushalt versorgende Erziehungsberechtigte im Bereich Kindererziehung für Neugeborene bis 3-Jährige und ggf. ältere zu versorgende Kinder ebenso wie im Haushalt versorgende Pflegende für kranke oder alte Angehörige aus. Das wollen wir ändern durch eine Schaffung von Gleichwertigkeit von häuslicher und Erwerbstätigkeit.

3 Gleichbehandlung von häuslicher Begleitung und Beruf

In den Zeiten des demographischen Wandels kommt der häuslichen Begleitung eine neudefinierte Rolle zu. Was einstmals aufgrund der festdefinierten Geschlechterrollen konservativ belegt war, wird heute in unserer aufgeklärten Gesellschaft von jungen Menschen als progressive neue Entwicklung erfasst.
Dabei existiert zum einen der Wunsch der Erziehungsberechtigten, sich stärker als in den letzten 20 Jahren wieder für die Begleitung der Kinder zu Hause einzusetzen, andererseits besteht wegen der immer noch unzureichenden Versorgung mit KITA- und Hortplätzen das Erfordernis, dass ein oder beide Erziehungsberechtigte zu gleichen Teilen die Betreuung der Kinder zu Hause übernehmen. Gerade im Bereich der unter 3-Jährigen stehen immer mehr Erziehungsberechtigte vor dieser Frage.
Im Gegensatz zur beruflichen Tätigkeit in Ausbildungsberufen ist in diesem Feld kein Konzept vorhanden, dieses Engagement zu Hause für die Kinder ausüben zu können, ohne dabei von einer Versorgerperson abhängig zu sein oder in die Regelungen nach HartzIV zu fallen. Das stellt eine grundlegende Benachteiligung der Erziehungsberechtigten ebenso wie der Pflegenden von Hilfsbedürftigen dar, bei der Gruppe der Erziehungsberechtigten stehen gerade Alleinerziehende vor einem oftmals unlösbar erscheinenden Problem.
Um die anfallenden Aufgaben zuverlässig zu erfüllen, ist der zeitintensive Einsatz der begleitenden Person, die sich im häuslichen Umfeld engagiert, erforderlich. Hierbei ist das Zeitfenster für eine Erwerbstätigkeit praktisch nicht oder nur im begrenzten Umfang vorhanden. Ohne die Anerkennung durch die Gesellschaft und deren direkte finanzielle Unterstützung derer, die die Aufgaben der Kinderbetreuung und Pflege der Hilfsbedürftigen zu Hause erfüllen, droht der soziale und gesellschaftliche Abstieg.
Ergänzend zu Entwicklung, Ausbau und Verbesserung bereits existierender öffentlicher Angebote setzen sich die PIRATEN dafür ein, dass 1:1 Kinderbetreuung und Pflege von Hilfsbedürftigen zu Hause als den Ausbildungsberufen gleichwertig anerkannt werden. Diese Anerkennung muss auf eine Weise stattfinden, die den Betreuenden und Pflegenden eine sichere Existenz gewährleistet und gesellschaftliche Teilhabe ermöglicht.

4 Gleichberechtigung der beruflichen Erwerbstätigkeit mit dem Beruf Assistent/in für Kinderbetreuung bzw. Pflege von Hilfsbedürftigen

Um das in unserer Gesellschaft neue Selbstbewusstsein von Erziehungsberechtigten und Menschen, die sich bewusst für die Pflege von Hilfsbedürftigen zu Hause einsetzen zu unterstützen, fordern wir eine zeitgemäße Anerkennung dieser Tätigkeiten.
Die Gleichbehandlung aller Berufe, ob nun zu Hause oder außerhalb des Familienbereiches ausgeführt, hilft einerseits, die gesellschaftliche Rolle jedes Einzelnen wertzuschätzen, und andererseits die Qualität der Ausbildung für die Ausübenden zu fördern. Bisher werden viele Maßnahmen im Rahmen persönlicher Initiative angeboten, meist verbunden mit nicht unerheblichem privaten Kostenaufwand für die Erziehungsberechtigten oder Pflegenden.
Bei der Einführung eines Berufsbildes für Kinderbetreuung und Pflege von Hilfsbedürftigen im häuslichen Umfeld können diese Initiativen allen Teilnehmenden im Ausbildungprogramm qualitativ zugesichert werden.

5 Persönlichkeits- und bedürfnisbezogene, individualisierbare Ausbildung

Wir setzen uns dafür ein, dass sowohl Kinder als auch Erwachsene die freie Wahl über ihre Bildungslaufbahn flexibel und individuell planen und absolvieren können.
Im konkreten Fall der Pflege von Hilfsbedürftigen und der Kinderbetreuung im häuslichen Umfeld bedeutet dies eine Ausbildung, die den Einzelnen darin unterstützt, seine Begabungen zu entfalten, Schwächen abzubauen und eigene Interessen und Fähigkeiten zu entdecken.
Dabei ist jede Betreuung individuell zu betrachten, jeder Betreuende hinsichtlich seiner Bedürfnisse wahrzunehmen. Ein Angebot an Bildungs- und Schulungsmaßnahmen kann Erziehungsberechtigten und Pflegenden von Hilfsbedürftigen im häuslichen Umfeld zur Verfügung gestellt werden. Erziehungsberechtigte können bei der häuslichen Versorgung ihrer Kinder parallel einen Ausbildungs- und Förderungsplan wahrnehmen, der ihnen bei den auftretenden Herausforderungen Hilfestellung geben kann. Für Pflegende, die hilfsbedürftige Angehörige im häuslichen Umfeld pflegen, gilt dies ebenfalls.
Die regional zu fördernde Ausbildung, Bildungs- und Schulungsmaßnahmen in den Berufen ist nach dem Grundssatz "Learning by Doing" umzusetzen, begleitet durch geeignete fachliche Unterstützung.

6 Ausbildung zur Hilfstellung mit Nutzen von Standards

Kinderbetreuung und Pflege von Hilfsbedürftigen im häuslichen Umfeld deckt im Berufsbild verschiedene Bereiche ab. Ein wichtiger Bestandteil der Ausbildung und der Ausübung dieses Beruf ist das Wahrnehmen von Zusammentreffen mit anderen Kindern und deren festen Begleitern im 1:1 Betreuungsverhältnis. Jedes Kind nimmt an verschiedenen Angeboten teil. Für die Begleitenden ist das Programm ein wichtiger Bestandteil ihrer Ausbildung sowie auch bei der Unterstützung in der Ausübung des Berufs.
Schwerpunkte hierbei sind u.a.:

Allgemein

  • Alters- und gesundheitsbezogene Ernährungskurse unter Berücksichtigung von Krankheitsbildern
  • Naturbezogene Angebote, z.B. Waldausflüge etc.
  • Singen/Musizieren
  • Sensibilisierung auf erkennbare Nachhaltigkeit von Konsum im Rahmen des Themas Umweltschutz
  • aktives Basteln und Spiele zur Förderung gesellschaftlicher und sozialer Kompetenzen und anderes mehr zu den Themen gesundes Wachstum und Entwicklung
  • Kurse zum Umgang mit Krankheiten von Hilfsbedürftigen
  • Wahrung der Selbstbestimmung und Würde des Hilfsbedürftigen
  • Sensibilisierung über Gefahrenquellen für hilfsbedürftige Menschen (Teppichkanten / richtige Ausstattung Bad / WC etc.)

Speziell für Kinderbegleitung

  • frühkindliche Entwicklung (Spracherwerb, gewaltfreie Kommunikation, Bildung von Selbstbewusstsein)
  • Bewegungskurse für Erziehungsberechtigte/Kinder für das Erlernen wichtiger Bewegungsabläufe
  • Erziehungsberechtigte-Kind-Kurse mit Mit-Erziehungsberechtigten, bei Bedarf unter Leitung von (Kinder)-Psychologen
  • Erziehungsberechtigten-Gesprächsrunden, auf Wunsch unter Teilnahme von Pädagogen

7 Standardentwicklung und -kontrolle

Standards in Aus- und Weiterbildung werden in Gemeinschaftsarbeit der Erziehungsberechtigten mit Fördereinrichtung bei Einbeziehung erfahrener Erziehungsberechtigter und Pflegender getroffen. Zu den Fördereinrichtungen zählen u.a. Kinder- und Jugendeinrichtungen, Erzieherverbände, Erziehungsberechtigteninitiativen, schulübergreifende Lehrerverbände, um das breite Spektrum der individuellen Kompetenzförderung zu erfassen. Bei der Betreuung anderer Pflegebedürftiger könnten Vereine, Initiativen und Verbände der jeweiligen thematischen Zuordnung einbezogen werden. Außerdem sollen Ärzte, Ernährungswissenschaftler, Psychologen u.a. mitwirken, wenn entsprechender Bedarf besteht.
In der häuslichen Erziehung von Säuglingen und Kindern liegt die erzieherische Entscheidungsfreiheit bei den Erziehungsberechtigten. Die Erziehung findet autonom in den Familien statt. Familie ist in diesem Zusammenhang im Sinne der geschlechtsneutralen Gleichbehandlung sämtlicher Geschlechter-Gruppen aus dem Grundsatzprogramm der PIRATEN abgeleitet.
Die Ausbildungskomponenten sind, wie in 7 Absatz 1 beschrieben, unter Mitwirkung der Erziehungsberechtigten zu entwickeln. Sie haben die Freiheit, sich die Module der begleitenden Ausbildung nach ihren persönlichen Vorstellungen und Werten selbst zusammenzustellen. Damit ist zu gewährleisten, dass in Ergänzung zu bestehenden staatlichen Standards von Erziehungseinrichtungen Erziehungsberechtigte die Möglichkeit haben, individuelle Lebensentwürfe für ihr Kind umzusetzen.
Den Erziehungsberechtigten ist eine deutlich höhere Freiheit als bisher zuzuerkennen, in der es ihnen möglich ist, die Kinder innerhalb der Familie aufwachsen zu lassen, und dabei gleichzeitig unterstützende Förderung, inklusive finanzieller Förderung für eine sichere Existenz und gesellschaftliche Teilhabe, wahrzunehmen.
Unabhängig von einer abgeschlossenen Ausbildungs- und Weiterbildungsmaßnahme wird die Betreuung der Säuglinge und Kinder durch das Jugendamt, ebenso die Einhaltung von Pflegestandards durch zuständige Behörden, im derzeit gültigen gesetzlichen Rahmen zum Schutz der Säuglinge und Kinder weiterhin gewährleistet, um etwaige gesundheitliche Verwahrlosung frühzeitig erkennen und vermeiden zu können. Jugendämter und andere Behörden dürfen nur bei Verdacht auf echte Misshandlung einschreiten.

8 Finanzierung

Die Anerkennung des Berufs 'Assistent/in für Kinderbetreuung bzw. Pflege von Hilfsbedürftigen' durch die Gesellschaft muss eine Finanzierungsgrundlage beinhalten. Diese ist unter der Beachtung entfallender Kosten für die Kinderbetreuung und Pflege von Hilfsbedürftigen im häuslichen Umfeld gemeinschaftlich bzw. aus Steuermitteln zu finanzieren. Über eine Sonderregelung der Versteuerung kann der mögliche Wegfall der Freibeträge für Erziehungsberechtigte ausgeglichen werden.
Die Ausübung des Berufs 'Assistent/in für Kinderbetreuung bzw. Pflege von Hilfsbedürftigen' berechtigt zum Erhalt eines gesetzlichen staatlichen Mindestlohns als Ersatz oder Ergänzung staatlicher Arbeitsagenturleistungen. Dieser Mindestlohn ist bis zur Sicherstellung des Rechts auf eine sichere Existenz und gesellschaftliche Teilhabe durch ein Grundeinkommen jährlich durch eine unabhängige Kommission neu zu vereinbaren.
Die zeitliche Definition der Ausübung im Beruf 'Assistent/in für Kinderbetreuung bzw. Pflege von Hilfsbedürftigen' ist nicht auf die Betreuung der eigenen Kinder beschränkt. Der Beruf kann auch in 1:1 Betreuung nicht eigener Kinder ausgeübt werden, wenn eine abgeschlossene Ausbildung vorliegt oder zeitgleich mit der Betreuung absolviert wird. Voraussetzung ist eine Kontinuität im Bindungsaufbau der Kinder, der in den ersten drei Lebensjahren von besondere Bedeutung ist. So kann der Beruf von jeder Person erlernt und ausgebübt werden.
Durch die Ausübung des Berufs entstehen der Erwerb eines Anspruchs auf Arbeitslosengeld und ggf. Förderungsanspruch auf Fort- und Weiterbildung während oder nach Abschluss der Ausübung des Berufs 'Assistent/in für Kinderbetreuung bzw. Pflege von Hilfsbedürftigen'.
Die PIRATEN fordern die steuerliche und sozialversicherungsbezogene Gleichstellung des Berufs 'Assistent/in für Kinderbetreuung bzw. Pflege von Hilfsbedürftigen' mit anderen geschützten (Ausbildungs-)Berufen und den Erwerb von Rentenansprüchen.
Die Einführung des bedingungslosen Grundeinkommens für alle Bürger und Bürgerinnen würde die genannte Thematik auflösen. Solange dieses Modell gesellschaftlich noch nicht umgesetzt ist, kann die Schaffung der oben genannnten Berufsbilder die Gleichberechtigung aller in diesem Feld arbeitenden Menschen sicher stellen.
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Begründung

Rollenverständnis für "Im Haushalt versorgende Erziehungsberechtigte/Pflegende"

Ein berufstätiger Mensch macht in der Phase seiner Tätigkeit als "Im Haushalt versorgende Erziehungsberechtigte/Pflegende" eine Pause seiner beruflichen Laufbahn. Allzu oft wird die Wiedereingliederung aus der betreuenden Tätigkeit in die klassische Form des Berufs erschwert, weil eben diese Tätigkeit zu Hause als ‚Auszeit’ definiert ist, die auch im Lebenslauf nicht selten als Lücke interpretiert wird. Nicht zuletzt können viele Personen, vor allem Erziehungsberechtigte die eine leitende Position hatten, nicht in Ihren alten Job zurückkehren und werden gern wieder tiefer gestellt.

Umwälzende Veränderungen im familiären Strukturen und Rückgang der Geburtenrate

Die Statistiken der letzten Jahre weisen darauf hin, dass sowohl die Trennungszahlen von Familien mit Kindern steigen, vor allem in städtischen Umfeld, als auch die Form der Familie sich von traditioneller Ehe mit Kindern wandelt hin zu alleinstehenden Erziehungsberechtigten mit Kindern oder Trennungsfamilien, die sich zu neuen Patchworkfamilien zusammenfinden. Die Ehe mit der traditionellen Form von Versorger und Versorgten tritt immer mehr zurück. Gleichzeitig sinkt die Geburtenrate in gesellschaftlich besser angesehenen bzw. bezahlten Berufsgruppen vor allem bei Frauen immer noch, und das in zunehmendem Maße. Auch familienpolitische Programme wie das einkunftsabhängige Elterngeld für Eltern hat diesem Trend bisher nicht hinreichend entgegen wirken können. Ein Grund ist im so verstandenen Karrierebruch durch Erziehungszeiten zu sehen. Menschen, die sich beruflich verwirklichen wollen, müssen nach derzeitigem Verständnis des Wortes ‚Beruf’ davon absehen, diesen durch eine so verstandene ‚Auszeit’ zu unterbrechen oder gar abzubrechen.

Kompetenzrückgang durch geminderte Entwicklung von Bindungsfähigkeit in frühkindlicher Entwicklungsphase

Bisher definieren die Gesellschaft und der Staat die frühestmögliche Wiedereingliederung in das Berufsleben als besonders unterstützenswerte Aufgabe. Dabei werden bereits Säuglinge ab drei Monaten in Liegekrippen von ihren Erziehungsberechtigten abgegeben, damit die Erziehungsberechtigten dem Anspruch konventioneller Berufstätigkeit gerecht werden können. Dies widerspricht neuesten wissenschaftlichen Studien zufolge den entwicklungsgerechten Bedürfnissen von Säuglingen und Kleinkindern - und widerspricht einem gesunden Menschenverstand. Die traditionelle Politik fordert mehr Familie und Kinder, ohne jedoch die gesellschaftlichen Rahmenbindungen an eine moderne Arbeitswelt und veränderte Familienstrukturen (mehr Alleinerziehende, mehr Patchworkfamilen) angepasst zu haben. Die Folgen dieser missglückten Familienpolitik: Fehlende Bindungsfähigkeit, die sich später durch fehlende bzw. erschwerte Bildung von Bindungs- und Verantwortungskompetenzen auswirkt. Die gesellschaftlichen wie auch individuellen Folgen, die dadurch entstehen, ziehen nachhaltig Folge-Kosten für die Gesellschaft nach sich.

Staatliche Anerkennung der Erziehungstätigkeit von Erziehungsberechtigten

Auf die Tätigkeit für zu Hause voll erziehende Erziehungsberechtigte wird auch heute schon ein zeitlich anteiliger Rentenanspruch durch die Erziehenden erworben. Dies weist darauf hin, dass staatlicherseits die Tätigkeit "Im Haushalt versorgende Erziehungsberechtigte/Pflegende" auf dieser Ebene der anderer Berufsbilder gleichgesetzt wird. Bezahlung für diese Tätigkeit erwerben erziehende Erziehungsberechtigte jedoch nur in geringem Maße durch das zeitlich beschränkt gezahlte Erziehungsgeld oder aus vorangegangener Berufstätigkeit über das zeitlich gewährte 'Elterngeld', das anteilig zum vorangegangenen Nettolohn berechnet wird. Erziehungsberechtigten, die vorher nicht berufstätig waren, bleibt nur der Anspruch auf HartzIV. Erziehungsberechtigte ohne vorherige Berufstätigkeit mit Festanstellung rutschen damit in die Sozialstatistiken der Arbeitsämter. Eine Person, die beispielsweise aus dem Studium oder freiberuflicher Tätigkeit direkt in die Tätigkeit als "Im Haushalt versorgende Erziehungsberechtigte/Pflegende" wechselt, wird zum Sozialfall. Unabhängig davon, wie aktiv sie die Entwicklung und gesellschaftliche Ausbildung und Eingliederung des Nachwuchses gestaltet. Erziehungsberechtigte werden somit zum sozialen Abstieg degradiert. Es wird also differenziert zwischen staatlicher Förderung ehemals berufstätiger Erziehungsberechtigter und nicht berufstätiger. Das stellt eine gesellschaftliche Ungerechtigkeit dar, die auch vor Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens schon durch berufliche Gleichstellung behoben werden soll. Das gilt ebenso für alle Pflegenden von Hilfsbedürftigen.
Ein Blick nach Norwegen:
Frauen und Familie, 75% der norwegischen Frauen arbeiten zumeist Teilzeit, aber mit nur 15 Stunden/Woche hat frau/mann alle Ansprüche auf Rente und Arbeitslosengeld/Krankenkasse.

Links zu Studien und Statistiken zu diesem Thema findet Ihr hier

wiki.piratenpartei.de/Bundesparteitag_2011.2/Antragsportal/Q103

Mein Antrag PA150 zur Geschlechter- und Familienpolitik

Antragstitel

Genderneutrale Gleichstellung der Tätigkeit 'Hausfrau und Mutter / Hausmann und Vater’ mit anderen Berufen

Antragstext

Der Bundesparteitag möge dem Grundsatzprogramm einen neuen Programmpunkt mit dem Titel "Genderneutrale Gleichstellung der Tätigkeit 'Hausfrau und Mutter / Hausmann und Vater' mit anderen Berufen" mit folgendem Text – ggf. punktweise modular – hinzufügen: 
• Das Berufsbild 'Hausfrau und Mutter / Hausmann und Vater', mit fest definierten Mindeststandards zum Wohle des/der zu betreuenden Kindes/Kinder, ist zu definieren und zu schaffen.
• Die im Folgenden Beruf genannte Tätigkeit 'Hausfrau und Mutter / Hausmann und Vater' und die im traditionell definierten Begriff ‚Beruf’ zusammengefassten Tätigkeiten sind sozial gleichzustellen.
• Eine zertifizierte Ausbildung im Berufsbild 'Hausfrau und Mutter / Hausmann und Vater' wird entwickelt und im Bildungssystem angeboten. Die Inhalte der Ausbildung sind nach pädagogisch-psychologischen Maßstäben zusammenzustellen. Die konkreten Module/Inhalte, Ausbildungskonditionen und ggf. Prüfungsszenarien sind in einem Arbeitskreis gesondert zu erarbeiten.
• Für den Beruf 'Hausfrau und Mutter / Hausmann und Vater' wird als Ersatz oder Ergänzung staatlicher Arbeitsagenturleistungen ein gesetzlicher staatlicher Mindestlohn gezahlt.
• Die Möglichkeiten zur Ausübung des Berufs 'Hausfrau und Mutter / Hausmann und Vater', auch auf zeitlicher Ebene, und ein damit ggf. verbundener Erwerb des Anspruchs auf Arbeitslosengeld und/oder Förderungsanspruch auf eine Überleitung in die traditionelle Form von Berufstätigkeit durch Aus-, Fort- und Weiterbildung während oder nach Abschluss der Ausübung des Berufs 'Hausfrau und Mutter / Hausmann und Vater' werden definiert.
• Für den Beruf 'Hausfrau und Mutter / Hausmann und Vater' erfolgt eine mit anderen geschützten (Ausbildungs-)Berufen steuerliche und sozialversicherungsbezogene Gleichstellung, auch mit Erwerb von Rentenansprüchen.
• Flexible Gestaltung der Arbeitszeit ohne finanzielle Einschränkungen, um Beruf, Familie und soziales Engagement miteinander zu vereinbaren.

Antragsbegründung

Auf die Tätigkeit als zu Hause voll erziehendes Elternteil wird ein zeitlich anteiliger Rentenanspruch durch den Erziehenden erworben. Dies weist darauf hin, dass staatlicherseits die Tätigkeit als 'Hausfrau und Mutter / Hausmann und Vater' auf dieser Ebene der anderer Berufsbilder gleichgesetzt wird. Bezahlung für diese Tätigkeit erwirbt das erziehende Elternteil jedoch nur aus vorangegangener Berufstätigkeit über das zeitlich gewährte Elterngeld, das nur einen Teil des vorangegangenen Nettolohns beträgt. Elternteilen, die vorher nicht berufstätig waren, bleibt nur der Anspruch auf HartzIV. Elternteile ohne vorherige Berufstätigkeit mit Festanstellung rutschen damit in die Sozialstatistiken der Arbeitsämter.
Eine Person, die beispielsweise aus dem Studium oder aus freiberuflicher Tätigkeit direkt in die Tätigkeit als 'Hausfrau und Mutter / Hausmann und Vater' wechselt, wird zum Sozialfall. Unabhängig davon, wie aktiv sie die Entwicklung und gesellschaftliche Ausbildung und Eingliederung des Nachwuchses gestaltet. Elternsein wird somit zum sozialen Abstieg degradiert. Es wird also differenziert zwischen staatlicher Förderung ehemals berufstätiger Elternteile und nicht berufstätiger. Das stellt eine gesellschaftliche Ungerechtigkeit dar, die auch vor Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens schon durch berufliche Gleichstellung behoben werden soll.
Begründung / Hintergrund

Die Piratenpartei hat mit Recht als Alleinstellungsmerkmal gegenüber den Altparteien ihre Schwerpunkte in den Themen geschlechterneutrale Gleichbehandlung sämtlicher Gender-Gruppen, persönlichkeits- und bedürfnisbezogene, individualisierbare Schul- und Ausbildung und das bedingungslose Grundeinkommen für alle Bürger und Bürgerinnen.

Durch die Entwicklung eines geförderten, neuen gesellschaftlichen Selbstverständnisses der Geschlechterrollen in den letzten Jahrzehnten hat sich die Gesellschaft maßgeblich hin zu mehr Gleichberechtigung verändert. Dieser Trend lässt sich neben erfolgten Veränderungen durch die Gender-Politik in schulischer und beruflicher Ebene wie auch in der familienpolitischen Entwicklung und Gestaltung der Gesellschaft abbilden. So sind Elterngeld und Elternzeit für berufstätige Elternteile beider Geschlechter mittlerweile anerkannt und in der Umsetzung erprobt. Neben dem altbekannten Rollenbild von Hausfrau und Mutter nutzen auch immer mehr berufstätige Mütter und Väter die Möglichkeit, als Hausmensch und Elternteil aktiv an der täglichen Versorgung und Erziehung ihrer Kinder teilzuhaben, und sei es auch nur für eine Übergangszeit von einigen Monaten, bevor sie sich wieder in ihren Beruf zurückgliedern.
Rollenverständnis 'Hausfrau und Mutter / Hausmann und Vater' 
Eine genderneutrale Gesellschaft braucht für ihre Menschen nicht nur eine genderunabhängige Gleichstellung im Beruf sondern ebenso in der Familientätigkeit. Gleichzeitig erschließt sich daraus der Ansatz, auch Beruf und Familientätigkeit als gleichwertig anzuerkennen und auf dem Arbeitsmarkt zu positionieren. Derzeit schließt die Definition ‚Beruf’ die Tätigkeit von 'Hausfrau und Mutter/ Hausmann und Vater' aus. De facto macht ein berufstätiger Mensch in der Phase seiner Tätigkeit als 'Hausfrau und Mutter/ Hausmann und Vater' eine Pause in der beruflichen Laufbahn. Allzu oft wird die Wiedereingliederung aus der Elterntätigkeit in die klassische Form des Berufs erschwert, weil eben diese Tätigkeit zu Hause für den Nachwuchs als ‚Auszeit’ definiert ist, die auch im Lebenslauf nicht selten als Lücke interpretiert wird. Nicht zuletzt können viele Eltern (Frauen) die eine leitende Position hatten, nicht in ihren alten Job zurückkehren und werden gern wieder tiefer gestellt.
Umwälzende Veränderungen familiärer Strukturen und Rückgang der Geburtenrate
Die Statistiken der letzten Jahre weisen darauf hin, dass sowohl die Trennungszahlen von Familien mit Kindern steigen, vor allem in städtischen Umfeld, als auch die Form der Familie sich von traditioneller Ehe mit Kindern wandelt hin zu alleinstehenden Elterteilen mit Kindern oder Trennungsfamilien, die sich zu neuen Patchworkfamilien zusammenfinden. Die Ehe mit der traditionellen Form von Versorger und Versorgten tritt immer mehr zurück. Gleichzeitig sinkt die Geburtenrate in gesellschaftlich besser angesehenen bzw. bezahlten Berufsgruppen vor allem bei Frauen immer noch. Auch familienpolitische Programme wie das einkunftsabhängige Elterngeld für Mütter und Väter hat diesem Trend bisher nicht hinreichend entgegen wirken können. Ein Grund ist im so verstandenen Karrierebruch durch Erziehungszeiten zu sehen. Menschen, die sich beruflich verwirklichen wollen, müssen nach derzeitigem Verständnis des Wortes ‚Beruf’ davon absehen, diesen durch eine so verstandene ‚Auszeit’ zu unter- oder abzubrechen.
Kompetenzreduzierung durch geminderte Entwicklung von Bindungsfähigkeit in frühkindlicher Entwicklungsphase
Bisher definieren die Gesellschaft und der Staat die frühestmögliche Wiedereingliederung in das Berufsleben als besonders unterstützenswerte Aufgabe. Dabei werden bereits Säuglinge ab drei Monaten in Liegekrippen von ihren Eltern abgegeben, damit die Eltern dem Anspruch konventioneller Berufstätigkeit gerecht werden können. Dies widerspricht neuesten wissenschaftlichen Studien zufolge den entwicklungsgerechten Bedürfnissen von Säuglingen und Kleinkindern - und widerspricht einem gesunden Menschenverstand. Die traditionelle Politik fordert mehr Familie und Kinder, ohne jedoch die gesellschaftlichen Rahmenbindungen an eine moderne Arbeitswelt und veränderte Familienstrukturen (mehr Alleinerziehende, mehr Patchworkfamilien) angepasst zu haben. Die Folgen dieser missglückten Familienpolitik: Fehlende Bindungsfähigkeit, die sich später durch fehlende bzw. erschwerte Bildung von Bindungs- und Verantwortungskompetenzen auswirkt. Die gesellschaftlichen wie auch individuellen Folgen, die dadurch entstehen, ziehen nachhaltig Folge-Kosten für die Gesellschaft nach sich.

Frauen und Familie (75% der norwegischen Frauen arbeiten (zumeist Teilzeit, aber mit nur 15 Stunden/Woche hat frau/mann alle Ansprüche auf Rente und Arbeitslosengeld/Krankenkasse:
http://www.regjeringen.no/en/dep/bld/aktuelt/taler_artikler/politisk_ledelse/tidligere_statssekretaer_oeie/2006/the-greatest-of-all-is-love-on-norwegian.html?id=437476