Donnerstag, 9. Juli 2015

Nochmal von vorn: Meine Idee - Mein Antrag.

Es gibt ein Thema, das mich besonders bewegt, seit ich 1996 Mutter geworden bin:

Die finanzielle und soziale Ungerechtigkeit, die unsere Gesellschaft vor allem Alleinerziehenden, und damit zum größten Teil leider immer noch Frauen, zumutet.

Schon 2011 habe ich einen Lösungsansatz dazu formuliert. Mittlerweile hat sich zum Glück bereits viel bewegt. Es gibt zum Beispiel neue Erkenntnisse darüber (Artikel zur Untersuchung des WSI/Hans-Böckler-Stiftung), welche Ursachen für die Armut in gerade dieser Bevölkerungsgruppe verantwortlich sind. Das Thema gewinnt länderübergreifend an gesellschaftlicher Akzeptanz. Das ZDF hat in seiner Sendung "Die Anstalt" auf humorige Weise dargestellt, wie sich die Lebensläufe von Mann und Frau und damit die Einkommen im Laufe des Lebens entwickeln. Ich habe mich darin bedauerlicherweise wiederfinden können. Und du, liebe.r Leser.in?

Nun sind also kreative Lösungsideen gefragt.

Eine davon lege ich hier auf den Tisch. Ihr findet in diesem, von mir am 10.11.2011 publizierten Text, zwei Anträge, die ich für die PIRATEN entwickelt und zum Bundesparteitag 2011 in Offenbach eingereicht habe. Beide wurden damals nicht behandelt. Heute, vier Jahre später, ist das Thema nicht weniger aktuell. Deshalb mache ich nun einen neuen Vorstoß und reiche den PA150 als Positionspapier für den Bundesparteitag 2015 in Würzburg ein.

Den Q103 nehme ich mir noch einmal vor. Es finden sich darin Punkte, die der weiteren Ausarbeitung bedürfen. Deshalb baue ich auf eure kritischen und konstruktiven Anmerkungen! Sagt mir, welche Schwachstellen euch auffallen. Nur so kann ich die grobe Idee weiter ausarbeiten und zu einem Vorschlag werden lassen, mit dem wir politisch weiter arbeiten können.

Ich wünsche mir von euch ausdrücklich auch Kritik zu diesem Entwurf, sofern diese Kritik konstruktiv geäußert wird. Ich bitte um Verständnis, dass ich mir vorbehalte, Kommentare mit ausschließlich destruktiver Kritik nicht freizuschalten.

Viel Spaß beim Lesen

P.S.: Der von mir sehr geschätzte Eberhard Zastrau hat mir damals mit seinen Bedenken und inhaltlicher Kritik und formalen Korrekturen bei der Ausarbeitung meiner Idee sehr geholfen. Für seine konstruktive Hilfe bei der Entwicklung bin ich ihm noch heute sehr dankbar.


____________________Original-Text von November 2011_________________________________
Da ich mich nicht in der Lage sehe, in 140 Zeichen Twitterbotschaften meine Positionhinreichend zu erläutern, ist dieser Text entstanden. Über Kommentare und Diskussion freue ich mich! Danke für Euer Interesse : )  

Die moderne Frau - beruflich unabhängig - kinderlos?
Bis ich 28 Jahre alt war, war Familienplanung eine Horrorvorstellung für mich, die Muttersein mit Abhängigkeit und Reduzierung auf ein Leben ohne ein Leben als freie Frau verband. Infolgedessen hatte ich mich als 'Kinderhasserin' inszeniert, vor meinen Chefs und Kollegen, innerhalb meines Freundeskreises. Ich hatte stets die lustigsten Kinderwitze auf Lager. Niemand wäre je auf den Gedanken gekommen, dass ich mal Mutter werden würde. Auch ich nicht. Bis ich 28 wurde.

Als ich meinem Lebensgefährten mitteilte, dass ich mir mittlerweile schon, also unter Umständen, irgendwann mal, vorstellen könnte, dass ich mal schwanger werden könnte, also natürlich nicht jetzt, vielleicht mal in zwei drei Jahren, schaute er mich an, als ob grüne Schneeflocken vom Himmel fielen.
Wir redeten darüber und ich stellte ihm meine Vorstellungen dar: Dass wir uns gemeinsam um das Kind kümmern, und dass ich in der Zeit, in der ich zu Hause bleiben müsste, solange das Kind noch zu klein ist, um es in andere Hände zur Betreuung zu geben, dafür einen Ausgleich von ihm haben möchte, wenn er weiter wie bisher arbeitet und Geld verdient. Damit ich mich nicht für geringe Ausgaben wie Telefongespräche oder anderes Persönliches rechtfertige müsse.

Am nächsten Tag äußerte er einen Zweifel an seiner Liebe. Er wusste es einfach nicht mehr so genau, ob er mich liebte. Drei Tage später übernahm ich die Wohnung einer Freundin und zog aus. Nach mehr als zehn Jahren war die Beziehung beendet.
Er brauchte etwa ein halbes Jahr, um sich an den Gedanken, dass er auch Kinder haben möchte zu gewöhnen und mich wiederhaben wollte. Allerdings forderte er absolute Unabhängigkeit, d.h. ich müsste für meinen kompletten Lebensunterhalt selbst aufkommen. Das ist modern, so macht man das heutzutage. Dafür gibt es Krippen, in die man seine Kinder bringen kann, damit sich die Frau der modernen Verantwortung des Geldverdienens stellen kann.

Tatsächlich hatte ich das Selbstbewusstsein, zu glauben, dass ich natürlich wie bisher meine 100.000 jährlich reinbringe. Talentiert und fleißig wie ich bin, hegte ich keinen Zweifel daran, dass das alles schon wird. Ein guter Freund von mir sagte mal, dass er glaubte, das Einzige was sich ändern würde, wenn er Kinder hätte, wäre, dass sie fortan drei Plätze im Kino nehmen müssten.

Und so kam die Ernüchterung doch ziemlich schnell. In der Schwangerschaft nahm ich 29 Kilo zu, weil mein zarter Körper sich alles nahm, was er bekam. Ich konnte in den letzten Monaten nicht mehr wirklich Gehen und selbst Stehen fiel mir zum Schluss schwer. Aber natürlich bin ich bis zur Mutterschutzfrist zur Arbeit gegangen.

Die moderne Frau - mit Kind - beruflich unabhängig? 
Als ich dann fünf Tage nach der Geburt nach Hause kam, durfte ich wegen fast geplatzter Nähte nicht aufstehen, ich war zwei Wochen ans Bett gefesselt. Meine Mutter kam, zum großen Glück, und übernahm die Pflege von mir und dem Säugling. Der Vater hatte auswärts zu tun, neben seiner Firma hatte er gerade noch ein Abendstudium begonnen und konnte nur abends, ab 22.00 Uhr, anwesend sein. Ich fühlte mich an meine Kindheit erinnert, modern kam mir das alles nicht vor.

Zwei Wochen nach der Geburt, ich durfte endlich aufstehen, hatte ich meinen ersten geschäftlichen Termin. Zum Glück hatte ich jemand gefunden, der in der Zeit mein Kind im Kinderwagen herum schob. Nachdem ich aber erstaunlicherweise nicht sofort an meine beruflichen Erfolge anknüpfen konnte, und meine Ersparnisse nach fünf Monaten für Miete, Kostgeld, Telefon, Versicherungen etc aufgebraucht waren, drang ich auf eine Umverteilung der Verantwortung innerhalb der Familie.

Aber der Vater bezog sich auf unsere Abmachung, Geld wollte er eigentlich nicht zahlen. Es sollte ja auch ein Anreiz bleiben, mich wieder in die Arbeitswelt zu integrieren. Das fiel mir jedoch schwer, da mein Kind mich die ersten drei Monate täglich mit Schreierei, bis zu 3 Stunden am Stück, auf Trab hielt, und nächtlich 3-4 Mal weckte. Auch die wertvolle Literatur 'Jedes Kind kann schlafen lernen' hat mir nicht viel weiter geholfen. Und so wie eine Mitmutter es mir vormachte, 'nämlich einfach schreien lassen, irgendwann ist es still', wollte ich es dann doch nicht nachmachen.

Ich steckte in einem Dilemma. Die Gesellschaft forderte von mir, mich beruflich einzusetzen, aber meine ehemalige Kinderhasserei, mit allen Vorurteilen über Bedürfnisse von Kindern, hatte sich gewandelt. Mein Kind hatte eine fast 5 mm dicke Schorfschicht auf dem Kopf, Haare konnten da gar nicht wachsen, extreme Nahrungsmittelunverträglichkeit und eine Form von Hyperaktivität. Es konnte nicht ein paar Minuten alleine sein, ohne dicke Tränen zu weinen. Ich hätte es schreien lassen können, natürlich, aber da bin ich lieber meinem Gefühl gefolgt. Also trug ich es 15 Monate an mir. Immer, ständig. Glücklicherweise hatte ich in der Schwangerschaft das Buch Auf der Suche nach dem verlorenen Glück: gegen die Zerstörung unserer Glücksfähigkeit in der frühen Kindheit (Originaltitel: The Continuum Concept) von Jean Liedloff gelesen. Und ich wagte, meinen Gefühlen zu folgen.

In meinem Umfeld waren alle dagegen, dass ich mein Kind nicht schon früh in die Betreuung gebe. Meine Eltern hatten Sorge, dass ich den Wiedereinstieg nicht finde, der Vater meines Kindes machte sich Sorgen um die finanzielle Seite und Kollegen konnten es einfach nicht verstehen, weil sie es doch auch gemacht hatten, alle machten es so, so musste es doch richtig sein.

Aber ich verweigerte mich, nahm mir ein junges Mädchen zur Hilfe, die etwa 2-3 Mal in der Woche drei Stunden auf mein Kind aufpasste, wenn ich arbeiten wollte. Sie schob es nach dem Stillen im Park herum und kam pünktlich zum nächsten Stillen wieder. Meist schoss mir die Milch schon ein, wenn sie etwa 50 m vom Haus entfernt war, obwohl ich es gar nicht wissen konnte. Auf diese Weise vermied ich, dass mein Kind weinte, wenn es von mir wegging. Es war eine tolle Art der Lösung, für uns beide, und gerade ausreichend. Früher hatte man das so, damals, als es noch Familienverbände gab.

Ich bin jeden Tag mit dem Kind mehrere Stunden spazieren gewesen, mein neuer Bekanntenkreis bestand aus Müttern und Vätern, wir trafen uns täglich am Spielplatz, besuchten uns gegenseitig wegen der Kinder. Gleichzeitig nahm ich an Krabbelrunden, Kinderturnen, Kinderschwimmen und allem teil, was sich für Kleinkinder bot. Und es war toll: sobald ich mein Kind absetzte, krabbelte es auf die anderen Kinder zu und spielte. Solange ich in der Nähe blieb, war alles in Ordnung. Ich hatte viel Gesprächsstoff mit den anderen Eltern, und wir gaben uns gegenseitig gute Tipps.

Als ich einmal auf einer Bank am Spielplatz ein Gespräch führte über den Stuhlgang der Kinder, wusste ich, ich war angekommen in den üblen Witzen meiner Vergangenheit. Wider Erwarten war es aber interessant, und die Antworten, die ich auf mein Problem erhielt, haben mir geholfen. Heute weiß ich es besser: auch Gespräche über Kinderkacke sind wichtig und die Leute die sie führen, sind nicht beschränkt oder doof.

In den folgenden Monaten änderte sich mein Leben und meine Einstellung sehr. Ich fing an, mich um Ernährung zu kümmern, kaufte bereits in der Schwangerschaft schon Bio-Lebensmittel auf dem Markt, achtete auf frische Zubereitung. Mit der Lebensmittelunverträglichkeit meines Kindes, keine Milchartikel, kein Hühnerei, war es mir unmöglich geworden, im Supermarkt einzukaufen. Das erste Mal in meinem Leben achtete ich auf die Inhaltsstoffe. Ich hatte spontan selbst das Interesse verloren, all die Dinge zu essen, die ich bis dahin gern konsumiert hatte. Zum Glück machte damals genau zum passenden Zeitpunkt ein Bioladen in meiner Nähe auf. Ich fing an zu kochen. Das hatte ich, als moderne Frau, immer vehement abgelehnt. Und: es machte Spaß und schmeckte viel besser als Restaurantessen und Fertigkrams.

Mit 15 Monaten gab ich mein Kind in einen Kinderladen. Privat organisiert mit Elterninitiative, für 280 DM im Monat, plus Putzdienste und Essen kochen. Mein Kind durfte das normale Essen leider nicht essen, aber die Elternschaft hat sich bereit erklärt, das zu berücksichtigen. Mir war es angenehm, dass mein Kind regelmäßig in Gesellschaft anderer Kinder kam, allerdings waren mir die Zeiten zu lang. Deshalb holte ich es immer nach dem Mittagessen ab, damit ich es zu Hause zum höchst nötigen Mittagsschlaf bringen konnte. Diese 45 Minuten hören sich vielleicht vernachlässigbar an und man würde meinen, das Kind würde dann einfach eher ins Bett gehen, wenn es den Schlaf mittags nicht bekommt, aber Tatsache war, dass der Rest des Tages umso anstrengender wurde, wenn das Kind unausgeschlafen und überdreht war.
Hier musste ich mich der Kritik der Erzieher stellen, die wollten, dass alle Kinder das Gleiche machen. Auch die Tatsache, dass ich mein Kind erst nach dem Frühstück brachte, weil ich die Unruhe dort einfach unerträglich fand, führte zu Kritik des Erzieherteams. Da ich spürte, dass mein Kind die Ruhe nötiger hatte als die Gleichschalterei in der Gruppe, setzte ich mich trotz des Gefühls des Andersseins durch. Heute weiß ich, dass es die richtige Entscheidung war.

Bevor ich Mutter wurde, war ich ein großer Fan von ständig laufender, gern auch lauter Musik. Das hörte abrupt auf, nachdem das Kind da war. Da ich bei dem Kind massive Unruhe wahrnehmen konnte, wenn eine Beschallung stattfand, verzichtete ich auf die Geräuschkulisse. Wahrscheinlich hätte die Empfindlichkeit des Kindes auch aufgehört, so wie bei vielen Kindern zu beobachten, wenn sie einfach dran gewöhnt werden. Ob das gut ist, wage ich hier laut zu bezweifeln. Die ständige Reizüberflutung durch Menschenmengen in Kinderhorts, durch ständig laufende DVD-Player, Radios und Fernseher in den Familien, trägt meiner Ansicht dazu bei, die Konzentration der Kinder zu stören. Mittlerweile weiß ich, dass ich nicht alleine bin mit dieser Meinung, denn es gibt heutzutage genug Studien, die das belegen, und in den Schulen in denen ich heute Kinder unterrichte, ist dies mehr als offensichtlich.

Als die Grundschullehrerin mich Anfang der zweiten Klasse aufforderte, mein Kind mal beim Jugendamt vorzustellen und auf Begabung testen zu lassen, war ich nicht sehr interessiert. Ich wusste um die Begabung meines Kindes, wozu also testen? Ich bin ihrem Rat dennoch gefolgt, und die Ergebnisse der Tests waren eindeutig.  Interessant war der Rat der Beraterin, nämlich mein Kind unbedingt in den Schulhort anzumelden. Es müsse unter Kinder, müsse lernen, sich durchzusetzen, Ellenbogen zu entwickeln, soziale Kompetenzen zu erwerben. Ich war bereit, das zu glauben, und war auch schon im Hort, um mein Kind dort anzumelden. Allerdings hegte ich, wie auch schon früher, Zweifel darüber, ob es wirklich sinnvoll ist. Als ich die Grundschullehrerin um ein Gespräch bat, riet sie dringend davon ab: das Kind bräuchte Ruhephasen, und Ellebogenkompetenz sei das Unnützlichste, was man Kindern heutzutage abfordere. Und so war es ja auch. In den Hort ist er nicht gegangen. Stattdessen habe ich dafür gesorgt, dass er mindestens dreimal die Woche mit Freunden verabredet war, zum Spielen. Frühförderung hat er durch die Schule erfahren, Schach, Knobeln für Pfiffige, Chinesisch, alles in spielerischem Rahmen in AGen nach dem Unterricht. Zu Hause habe ich Bücher bereitgestellt, Massen an Büchern, anfangs habe ich viel vorgelesen.

Wenn mein Kind aus der Schule kam, war ich zu Hause. Nachmittags stand ich zur Verfügung, es hier und dorthin zu bringen, oder seine Freunde zu bewirten. Kinder, die zu Hause nicht essen wollten, liebten meine Gerichte, mein selbstgebackenes Brot war beliebter als Kuchen. Ist es heute noch.

Die moderne Frau - mit Kind - beruflich abhängig?
Mit zweieinhalb Jahren musste ich die Betreuungszeiten verlängern. Ich machte eine Fortbildung und war acht Stunden am Tag außer Haus. Nach dem Kinderladen holte eine Freundin das Kind dreimal die Woche nach dem Mittagessen ab. Mittagsschlaf in der Kita war durch den Unruhepegel nicht möglich. Die Freundin konnte ab dem Zeitpunkt nur noch Ruhephasen durchsetzen, schlafen konnte das Kind nicht mehr. Umso anstrengender waren die Nachmittage oft. Ab diesem Zeitpunkt, als das Kind 'wegmusste', gab es regelmäßig Tränen bei der Verabschiedung. Keine schöne Sache finde ich, aber es ging nicht anders. Ein übriggebliebener Restarbeitslosigkeitszeitanspruch aus früheren Jahren ermöglichte mir eine Weiterbildung, mit festem monatlichen Ausgleich, ich musste es wollen. Ablehnung wäre nun wirklich dumm gewesen.
Nach der Weiterbildung wurde ich direkt von der größten Internetagentur in der Stadt angeworben. Ich sollte die Abteilung Online Advertising aufbauen und leiten. Ich stimmte zu und verhandelte eine 30-Stunden-Stelle, die ich erfolgreiche führte, bis eines Tages junge Kollegen, Frauen übrigens, anfingen mich zu mobben. Sie waren der Ansicht, ich sei zu wenig anwesend. Glücklicherweise entschieden sie, die Firma zu verlassen, und ich gab dennoch dem psychischen Druck nach, und erhöhte auf 35 Stunden.

Ab sofort war ich 45 Stunden in der Woche, wobei ich die Fahrtzeiten mitrechne, außer Haus. Fremdbetreuung war mehr als nötig. Glücklicherweise konnte ich mein Kind mit drei Jahren in einen Waldorfkindergarten bringen. Die Kulturpflege der Ruhe und Kreativität tat dem Kind äußerst gut. Auch bekam ich einen Platz in der Nachmittagsgruppe, die bis halb vier betreute. Danach sprang eine Freundin als Kinderfrau ein. Für mich persönlich war das eine gute Zeit, doch stellte ich fest, dass sie gleichermaßen zermürbend war. Denn nach der Arbeit stand ich immer unter Druck, konnte die Dinge nicht so regeln, wie ich es gewollt hätte. Zu der Zeit gab ich etwa 600 DM für Kinderbetreuung aus.
(Anm. d. Autorin: seit dieser Zeit, Mitte 2001, zog ich aus und war ab dann alleinerziehend)

(2002) Und dann stieg ich aus. Aus dem System. Ich hatte Glück. Eine Abfindung und mein ehemals hohes Gehalt ließen mich das gut überstehen. Aber schon da dachte ich, wie nur sollte das eine Bäckereifachverkäuferin oder eine Altenpflegerin schaffen? Unmöglich. Die sind gezwungen, im Rad weiterzulaufen. Fremdgesteuert durch den Anspruch der Konsumgesellschaft. Die Eltern und Kinder kommen dabei zu kurz.

Als ich mein Kind mal fragte, wie es die Zeit im Kinderladen, die Zeit vor dem Waldorfkindergarten, in Erinnerung hätte, also welches Gefühl oder welches Bild auftaucht, das sagte es "Allein. Blau." Auf meine Nachfrage konkretisierte es: "Ich stehe allein mitten im Raum. Und es ist kalt." Und im Kindergarten? "Im Kindergarten ist es schön, gemütlich fühlt sich das an."

Als mein Kind 12 war, hieß es, jetzt solle ich mir wieder einen festen Job suchen, es sei groß genug und könne auch allein zu Hause sein. Das bezweifle ich nicht. Ich bezweifle allerdings, dass es hilfreich gewesen wäre. Was machen Kinder, die alleine sind? Die, die mir auf diese Weise zugeraten haben, lassen ihre Kinder stundenlang an den Computer oder TV. Wenn sie es nicht erlauben, machen die Kinder es heimlich. Ich bezweifle den gehirnphysiologischen Entwicklungsnutzen solchen Verhaltens. Also habe ich mich weiter als Freie Mitarbeiterin durchgeschlagen. Meine monatlichen Kosten habe ich so runtergeschraubt, wie ich es mir nie hätte träumen lassen. Es gab Unsicherheiten und Engpässe. Auf Hartz4 habe ich stets verzichtet. Es ging immer irgendwie so. Zum Glück habe ich auch meine Eltern, die mir in schwierigen Zeiten ausgeholfen haben.

Moderne Eltern - beruflich unabhängig! 
In dieser Zeit entwickelte ich die Idee vom Beruf 'Hausfrau und Mutter'. 2002 ließ ich mir eine Visitenkarte mit diesem Jobtitel drucken. Mittlerweile sehe ich ein, dass es natürlich nicht nur Frauen sind, die in solcher Weise unterstützt werden sollten. Ein Mann kann diese Rolle ebenso gut ausfüllen. Sollte er auch dürfen.

Ich glaube, es ist wichtig, auch über den derzeitigen Horizont hinaus zu denken. Packen wir's an:
Positionspapier Q103: "Genderneutrale Gleichbehandlung des Berufs Hausmann und Vater/Pflegender - Hausfrau und Mutter/Pflegende mit anderen Berufen im Folgenden ‚Assistent/in für Kinderbetreuung bzw. Pflege von Hilfsbedürftigen’ genannt"

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Ergänzung vom 09.03.2015:
Der Entwurf Q103 ist aus meiner heutigen Sicht ein gute Diskussionsgrundlage. Es gibt Punkte, die dringend der Optimierung bedürfen. Vielen Dank an dieser Stelle an Cornelia Otto, die bereits konstruktiv Kritik zum Punkt Arbeitsrecht, Rente und Sozialversicherung gebracht hat und wertvolle Fachkenntnisse beisteuert, die in eine optimierte Entwurfsversion einfließen werden.)
Einreichen will ich als Position für Würzburg also ausschließlich diese Kurzform, die 2011 für den Bundesparteitag in Offenbach als PA150 zur modularen Abstimmung entwickelt wurde:  
"Genderneutrale Gleichstellung der Tätigkeit 'Hausfrau und Mutter / Hausmann und Vater' mit anderen Berufen" 
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Um eins klarzustellen: Ich spreche mich für eine Vielfalt an Unterbringungsmöglichkeiten aus und auch deren Verbesserung zu heutigen Standards. Krippen, Tagesmütter und -väter, Horts, Kindergärten (hier bin ich ein großer Fan der Waldorfkindergärten, weil sie im besonderen Maße Kreativität und Natürlichkeit fördern), auch Schulhorts.
Ich wünsche mir die Erweiterung des Spektrums um den Beruf 'Hausfrau und Mutter / Hausmann und Vater', weil ich weiß, dass es viele Eltern gibt, die spüren, dass die Fremdbetreuung gegen ihre Natur geht, gegen die Natur ihrer Kinder, gegen unsere Gesellschaft. Weil Fremdbetreuung im frühen Alter oftmals die Frühentwicklung von Bindung und Vertrauen bricht. Auch das beweisen wissenschaftliche Studien mittlerweile hinreichend.

Wenn ich mir unsere Kinder anschaue, den großen Teil Einzelkinder die weder Geschwister noch die Möglichkeit haben, sich an ihre Mutter oder Vater, Oma oder Opa etc zu binden, weil sie nicht da sind, weil sie Geld verdienen müssen, dann stelle ich hier die Systemfrage. Wo wollen wir hin?

Und warum wollen bestimmte Gruppen verhindern, dass die Möglichkeit geschaffen wird, in diesem modernen System Eltern zu ermöglichen eine Form auszufüllen, die für viele Kinder ein guter Weg ist. Sicher nicht für alle. So wie auch der Weg der Krippe für kleine Kinder nicht richtig ist für alle. Liegekrippen halte ich für eine Form der gesellschaftlichen Notwehr, fragen wir doch mal die Mütter, was sie lieber hätten als ihr Kind 10 Stunden dort abzugeben, weil ihnen der Job das abverlangt und sie ohne Job keine Einkünfte hätten. Es sei denn sie akzeptieren den gesellschaftlichen Sozialabstieg in Hartz4.

Ich wünsche mir Offenheit, Aufgeschlossenheit neuen Ideen gegenüber, und dass die Kritiker aufhören, mit dogmatischer Ablehnung alles herunterzustampfen, was sie als konservativ abstempeln.
Aufgeklärte, engagierte Menschen im Beruf 'Hausfrau und Mutter / Hausmann und Vater' sind eine sehr progressive Form der Erziehung. Es kommt doch auf die inhaltliche Füllung des Berufs an. Totschlagargumente wie " Könnte es sein, dass Du aus überbordendem Beschützerinstinkt Freiheit d. Kindes mit dem Bade ausschüttest? Elternegoismus" halte ich für unangemessen und unreflektiert genug, um ihnen zu widersprechen.

Natürlich kann ich solchen Einwänden wie
"Bindungsfähigkeit entsteht mit positiver sozialer Interaktion-wichtig dass die unter Kindern-nicht nur Erwachsenen stattfindet"
"du benutzt: femdbetreut, weggeben müssen, ich: förderung, spaß, spiel,gleichalte, musik und professionelle liebevolle begleitung."
"Die unter 3 Jährigen lieben Ihre Kita, haben Freunde, Aktion, Musik und Spiel- warum muss das schlechter als Familie 24h sein? ..."
freundlich entgegnen, dass ich hier nicht die Abschaffung von Kitas fordere, sondern die Entwicklung eines neuen Berufsbildes, um Eltern wieder die Möglichkeit zu geben, sich mehr in die Erziehung ihrer Kinder einzubringen. Denn das größte Argument dagegen, Geld verdienen zu müssen, fällt dann endlich weg. Auch für Menschen, die weniger geeignete Berufe ausüben, um das Überleben in der Konsumgesellschaft allein zu schaffen. Bis wir das Bedingungslose Grundeinkommen haben, mit dem dies dann auch kein Thema mehr sein muss, gehen sicher noch mehr Jahre ins Land, als uns lieb ist.

"Es geht um Qualität i.d. Betreuung- warum sollte ein prof.liebevolles Angebot grundsätzlich schlechter als Betr.in der Familie sein?" Hier stimme ich zu, natürlich ist gerade professionelle liebevolle Betreuung sehr wichtig. In einer Kita mit 120 Kindern und einem Schlüssel von 12:1 ist das aber leider nicht gegeben. Warum nur sollte Betreuung in der Familie schlechter sein? Vor allem mit den von mir formulierten geförderten Programmen. 
Engagierte Eltern auszubilden, zu begleiten und zu unterstützen ist der nächste Weg. Betreuungsgeld ist ein hilfloser Ansatz in diesem Thema, und leider noch nicht weit genug gedacht. Es geht darum, die nötige Qualität für die Kinder zu Hause zu sichern. Da gibt es viele Ansätze, die man über die Ausbildung vermitteln und durchsetzen kann. Das bedeutet dann Bildung der Eltern, die es somit besser machen können.

Ein Krippenplatz kostet ca. 600 Euro monatlich, nichtmal impliziert, dass es ein 'guter, liebevoller' Krippenplatz ist. Es gelingt der Regierung derzeit nicht, diese aufzubauen. Mit 600 Euro wäre ich damals deutlich sorgenfreier durchs Leben gegangen. Das wäre auch dem Kind zugute gekommen.